Interview mit Holger Hasse – Präsident des Berufsverbands für Trainer im Deutschen Sport

Der Berufsverband für Trainer im Deutschen Sport setzt sich für die Interessen der Berufstrainer*innen im Deutschen Sport ein. Der Verband wurde 2018 gegründet. Holger bildet zusammen mit Gert Zender eine Doppelspitze. Weitere Infos zum BVTDS gibt es hier.

Holger Hasse

Aktuell Geschäftsführer beim Badminton-Landesverband NRW, ehemaliger Chefbundestrainer Badminton, ehrenamtlich Präsident beim BVTDS.

Wie ist die Idee zur Gründung entstanden und wie wurde die Idee dann umgesetzt?

Die Idee kam uns innerhalb eines Seminars bei einer Projektarbeit in unserem Bachelorstudiengang, den ich damals mit einigen Trainerkollegen belegt hatte. Es gab zwar schon einige Trainervereinigungen von einzelnen Sportarten, aber es gab keinen Dachverband aller Trainer. Schon damals waren die Arbeitsbedingungen für Berufstrainer im Sport nicht befriedigend oder teilweise sogar prekär. Es wurde uns schnell klar, dass es eigentlich an einer gemeinsamen Interessensvertretung fehlt, wir haben daraus ein Projekt gemacht und sind zum Amtsgericht nach Köln gelaufen und haben dort diesen Verein angemeldet.

„Die Idee kam uns innerhalb eines Seminars bei einer Projektarbeit.“

Holger Hasse

Das war die eigentliche Gründung, das Projekt lag dann einige Zeit ein wenig brach. Einzelne haben sich dann wieder dran erinnert: „wir hatten da doch mal was gemacht, haben eine Satzung und so weiter“. Die Idee wurde dann wieder aufgegriffen, bei dem Wiederaufgreifen war ich persönlich dann nicht dabei, sondern hatte in meinem Hauptjob als Chefbundestrainer Badminton angetreten und dort auch viel zu tun. Ich wurde dann anschließend gefragt, ob ich nicht wieder mitmachen möchte und habe dann einige Jahre als 2. Vorsitzender ehrenamtlich gearbeitet. Seit letztem Jahr nun als Präsident in der Doppelspitze zusammen mit Gert Zender, selbst Bundesliga Tischtennistrainer aus Halle, der als studierter Volljurist vor allem in rechtlichen Fragestellungen, aber auch für das große Ganze zuständig ist.

Wir arbeiten für diesen Verband ehrenamtlich und versuchen gegenüber der Sportpolitik, aber auch gegenüber Zuwendungsgebern uns für die Interessen der Trainer einzusetzen. Gleichzeitig versuchen wir aber auch für unsere Mitglieder da zu sein, für rechtliche Fragestellungen, aber auch für übergeordnete Fragestellungen rund um das Thema „Berufstrainer“.

Damit hast du meine zweite Frage schon mit beantwortet, was so deine Aufgaben in BVTDS sind. Gerade zur Zeit der Coronakrise musst du bestimmt jetzt viele Interviews geben?

Ja, tatsächlich ist das so, dass es im Moment viele Interviewanfragen gibt. Es ging los mit Sportinformationsdienst (SID) der das Thema aufgegriffen und ein bisschen breiter gemacht hat, dies wurde jetzt im Deutschlandfunk veröffentlicht. Das Interview mit Sportschau.de folgt noch. Natürlich sind jetzt, wie viele andere Berufsgruppen auch, die Trainerinnen und Trainer betroffen und zwar auf ganz unterschiedlichen Ebenen:

die Trainer im Leistungssport auf Bundes- und Landesebene. Außerdem haben wir diese viele „Graustufen“, nämlich Leute, die einen Teil ihres Lebensunterhalts durch Honorartätigkeiten in Vereinen verdienen. Diese sind natürlich für die Vereine eine große Stütze, weil sie die Sachen voran bringen, Trainingsgruppen initiieren und die natürlich gerade am stärksten betroffen sind, weil sie natürlich die meisten Einnahmenausfälle haben.

Wenn ich jetzt Mitglied im BVTDS werde, welche Vorteile bekomme ich als Trainer dadurch, was sind die „Serviceleistungen“ die ihr anbietet? Was kostet eine Mitgliedschaft?

Der Beitrag beträgt 50 Euro pro Jahr, den man als Berufstrainer auch noch von der Steuer absetzen kann. Also es ist ein relativ geringer Beitrag, wenn ich diese Frage beantworte, entgegne ich eigentlich immer: „Frag nicht, was du bekommen kannst, sondern frag was du mit deinem Beitrag tun kannst“. Ich persönlich bin jetzt gar kein Trainer mehr, ich habe das alles hinter mir, warum setze ich mich jetzt noch für die Interessen der Trainer ein?

„Frag nicht, was du bekommen kannst, sondern frag was du mit deinem Beitrag tun kannst“

Holger Hasse

Ich glaube daran, dass nur starke Trainerpersönlichkeiten, gute Trainer auch gute Leistungssportler hervorbringen und begleiten können. Ich weiß, dass es einen Zusammenhang gibt, zwischen den schwierigen Arbeitsbedingungen und der Fluktuation und dann auch wieder zu der aktuellen Leistungsentwicklung in Deutschland. Ich weiß, dass es gut ist, dort einen Beitrag zu leisten. Warum sollten jetzt Trainer bei uns Mitglied werden? Erstmal um ein Verständnis zu entwickeln, solidarisch zu sein, eine Berufsgruppe auch zu bilden. Wir sind auch selber ein stückweit mit verantwortlich, wie unsere Berufsgruppe dasteht. Und wenn wir nur jammern und es keine starke Interessensvertretung gibt, dann wird sich wahrscheinlich wenig ändern.

Wir haben in den letzten Jahren glaube ich viel voran gebracht. Wir haben auf DOSB-Ebene in vielen Arbeitsgruppen mitgewirkt und das Trainerkonzept, erstmal für Bundestrainer, mit ausgearbeitet. In diesem Konzept wurden viele Dinge klargezogen, was zum Beispiel Befristung von Arbeitsverträgen, was Vergütungssystematik, was Arbeitszeiten anbelangt, eine ganze Menge Dinge, die den Sport sehr voranbringen aber noch umgesetzt werden müssen. Auf Landesebene muss dies jetzt noch folgen, wobei einige Bundesländer sich jetzt schon auf den Weg gemacht haben. Da haben wir uns sehr für stark gemacht und unsere Forderungen auch so zu 80% umgesetzt, was erstmal einen großen Erfolg darstellt.

Weiterhin haben wir das Berufsbild „Trainer“ zusammen in einer Arbeitsgruppe, gemeinsam mit der Trainerakademie und dem DOSB entwickelt. Das heißt, wenn man jetzt zum Arbeitsamt gehen muss als Trainer, findet der Mitarbeiter immerhin das Berufsbild „Trainer im Leistungssport“ (lacht). Auch wenn das nur ein kleiner Erfolg ist, freuen wir uns über die vielen kleinen Schritte, die wir in den letzten Jahren machen konnten.

Wir sind auch in der aktuellen Coronakrise mit einigen Landessportbünden in Kontakt, dass den angestellten Trainern Sicherheit gegeben wird. Zum Beispiel in NRW hat der LSB, gemeinsam mit der Staatskanzlei die Fördermittel bis 2021 zugesagt (Anmerkung der Red.: viele Verträge sind an den Olympiazyklus geknüpft und würden daher normalerweise Ende 2020 schon auslaufen, aufgrund der Olympiaverschiebung ergibt sich jetzt dort eine gesonderte Fördersituation)

Wir brauchen daher den Beitrag jedes Einzelnen um langfristig und mittelfristig auch in unserem Verband Hauptamtlichkeit etablieren können, zum Beispiel eine hauptberufliche Geschäftsführung um damit noch professioneller aufgestellt zu sein. Weiterhin bieten wir auch für unsere Mitglieder Fortbildungen an. Vor kurzem hatten wir noch ein Webinar zum Thema „Arbeitsrecht und arbeitsrechtliche Grundlagen“

Kann man auch als nebenberuflicher Trainer im BVTDS Mitglied werden, oder ist das nur hauptamtlichen Trainern vorbehalten?

Es können grundsätzlich auch nicht-vollbeschäftigte Trainer, also auch nebenberufliche Trainer Mitglied bei uns werden. Unsere Grenze ist, es sollte der Lebensunterhalt, oder zumindest ein guter Teil des Lebensunterhalts, mit diesem Beruf verdient werden. Wir freuen uns natürlich auch über andere Mitglieder, aber wir sind tatsächlich ein Interessensvertreter für Berufstrainer, in Abgrenzung zu jemanden, der „nur“ einen 450,- Euro Job hat, weil wir nicht davon ausgehen, dass man davon seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

Wer aber zum Beispiel einen 450,- Euro Job hat und vielleicht noch zwei bis drei selbstständige Tätigkeiten und so auf eine halbe Stelle kommt, ist bei uns gut aufgehoben.

Glaubst du, dass die aktuelle Coronakrise den Beruf des Trainers nachhaltig verändern wird und wenn ja, wie?

Ich glaube eigentlich nicht, dass der Trainerberuf und der Ruf sich nachhaltig verändern wird. Ich glaube, dass es ingesamt in der Gesellschaft, in der Politik noch nicht so angekommen ist, was Trainerinnen und Trainer für eine wichtige Aufgabe haben. Nämlich eine Aufgabe, die jetzt -fernab vom Spitzensport- vor allen Dingen in den Bereich soziale Bindung, Integration und mehr im Gemeinschaftswesen sozusagen verortet ist. Das ist vielleicht das, was viele im Moment spüren, was fehlt. Also was den Kindern fehlt, die keine Bewegung haben, was auch den Erwachsenen fehlt, die sich normalerweise sonst regelmäßig sportlich betätigen. An dieser Stelle haben Trainerinnen und Trainer eine Schlüsselfunktion. Insofern würde ich mir eine andere Wahrnehmung wünschen, aber realistisch betrachtet haben wir gerade andere und größere Probleme. Und wenn es Berufe gibt, die gerade mehr in den Fokus gehen, dann sind es wahrscheinlich die Pflegeberufe, die berechtigterweise nach der Krise hoffentlich anders gesehen und wertgeschätzt werden.

Wir müssen auch ein stückweit demütig bleiben im Sport, wir haben eine ganz wichtige Funktion, trotzdem ist es nicht überlebenswichtig und das merkt man jetzt gerade in der Krise.

Holger, vielen Dank für das Gespräch!

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